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Bow Blog Richaume

André Richaume

Wie fast alle grossen Bogenmacher der Vergangenheit, stammte auch die Familie Richaume aus dem Städtchen Mirecourt im Département Vosges. André wurde dort 1905 geboren; sein Grossvater war der Geigenbauer Charles Claude Fétique, dessen Söhne Victor und Jules zu den bedeutendsten Bogenmachern des 20. Jahrhunderts zählen.

Nachdem Richaume seine Lehre bei Emile François Ouchard in Mirecourt absolviert hatte, kam er in die Werkstatt seines Onkels Victor Fétique nach Paris. 1932 eröffnete er sein eigenes Atelier am Boulevard de Clichy.

Zu einem hervorragenden Bogenmacher herangereift, legte er, wie seine Vorbilder Eugène Sartory und Jules Fétique, grossen Wert auf die Auswahl des verwendeten Pernambukholzes, das stets von herausragender Qualität ist und von goldgelber bis dunkelroter Farbe reicht. 1937 lehnte er eine Einladung der grossen Bogenausstellung in Paris mit der Begründung ab, nicht genug Zeit zu haben, Bögen vorzubereiten, die seinen Qualitätskriterien standhalten würden! Dies zeigt exemplarisch die Gewissenhaftigkeit und Kompromisslosigkeit des zur Perfektion strebenden Meisters.

Im Jahr 1955 wurde Richaume mit dem Preis „un des meilleurs ouvriers de France“ ausgezeichnet.

1958 besuchte ihn David Oistrach. Der grosse sowjetische Geiger wollte dem Mann persönlich danken, der seinen Bogen hergestellt hatte! Ein Jahr zuvor hatte Davids Sohn Igor den Bogen, einen Silbermontierten mit einem Frosch aus Elfenbein, in Buenos Aires gekauft. Als er seine neuste Errungenschaft dem Vater zeigte, war dieser so begeistert, dass er sie ihm überliess! Fortan spielte der grosse Geiger unzählige seiner Konzerte mit jenem Bogen.

(Der folgende Link zeigt einen Ausschnitt aus einem Konzertmitschnitt, bei dem Oistrach den Bogen spielt.)

https://www.youtube.com/watch?v=AvrUmeX4Q14

Richaumes Schaffen kann man in zwei Perioden unterteilen. In der ersten lässt sich klar der Einfluss seines Lehrers Emile François Ouchard erkennen. Später passte er sich den Bedürfnissen der Zeit an und lehnte sich tendenziell an Eugène Sartory und Jules Fétique an, indem er seine Bögen dahingehend konzipierte, grösstmögliches Tonvolumen - bei brillianter Artikulation - zu produzieren. Seine goldene Schaffensperiode begann um 1950.

Obwohl manche seiner Bögen etwas steif sein können - ein Freund Richaumes meinte einst, steif wie der Meister selbst - zählen die gelungensten Bögen zu den besten des 20. Jahrhunderts und erzielen Preise bis zu 45'000 CHF. Wie aus seinen eigenen Notizen hervorgeht, stellte er folgende Bögen her: 1000 Silbermontierte mit Frosch aus Ebenholz, 15 Goldmontierte mit Frosch aus Ebenholz, 13 Goldmontierte mit Frosch aus Elfenbein, 60 Goldmontierte mit Frosch aus Schildpatt, 50 Silbermontierte mit Frosch aus Elfenbein und 20 Silbermontierte mit Frosch aus Horn.

Da Richaume auch für andere Bogenmacher gearbeitet oder sie beliefert hat, können seine Bögen neben seinem eigenen Brandstempel auch weitere tragen:

 

A.RICHAUME à PARIS

CARESSA Albert

FRANCAIS Emile

FETIQUE Victor

OUCHARD Emile

MAUCOTEL DESCHAMPS

 

Beitrag erfasst von Sven Vuille